Resilient durch die Krise

In den vergangenen Monaten hat uns die Corona-Krise mächtig durchgeschüttelt. Menschen und Organisationen reagieren darauf unterschiedlich resilient. Weshalb es eine gute Idee ist, gerade in der Krise die eigene Resilienz zu stärken, erfährst du hier.

23.07.2020

von Maren Borggräfe

Die Zeit des Lockdowns und auch die Phase, in der wir uns jetzt befinden, waren und sind sowohl für Menschen als auch für Organisationen eine echte Herausforderung. Die Corona-Krise hat dabei in vielen Bereichen wie ein Brennglas die Punkte sichtbar gemacht, bei denen dringender Verbesserungs- bzw. Nachholbedarf besteht. Wenn wir diesen Befund positiv interpretieren, bietet uns die Krise bei allen Widrigkeiten die Chance, unsere Resilienz weiterzuentwickeln, damit wir in Zukunft noch besser mit unvorhergesehen Umbrüchen umgehen können. Das trifft sowohl auf persönliche als auch auf organisationale Resilienz zu.

 

Organisationale Resilienz

Die Covid19-Krise mit ihren Kontaktbeschränkungen ist ein überraschender, bahnbrechender Treiber für die Digitalisierung. Einfach, weil es plötzlich notwendig ist, vermehrt auf virtuelle Begegnungen und Geschäftsmodelle zurückzugreifen. Und siehe da: Es funktioniert, weil alle gemeinsam engagiert nach Lösungen suchen und eingefahrene Prozesse ohne großes Zögern über Bord geworfen beziehungsweise für das virtuelle Arbeiten adaptiert werden.

Dabei entsteht ein sehr viel tiefer gehendes Bewusstsein dafür, dass virtuelle Zusammenarbeit in einem unsicheren Umfeld mit sich ständig ändernden Bedingungen auch eine andere Form des Miteinanders und der Kommunikation braucht. Auch die Verfügbarkeit von Wissens- und Strukturressourcen tritt plötzlich in den Vordergrund. All diese Punkte bieten Entwicklungschancen für organisationale Resilienz, die die Grundlage dafür ist, auch eine solche Krise wie die aktuelle einigermaßen unbeschadet zu überstehen.

Die Forschung nennt verschiedene Resilienzfaktoren für Organisationen. Auch in der 2017 erschienenen ISO Norm* zu organisationaler Resilienz werden einzelne Themenfelder definiert. Aus unserer Sicht sind dies die zehn wichtigsten Pfeiler resilienter Organisationen:

Der Strukturwandel wird sich durch die Krise massiv beschleunigen – daher ist der jetzige Zeitpunkt genau der richtige, in die Stärkung der eigenen Resilienz zu investieren. Dabei sollte der Schwerpunkt bewusst gesetzt werden nach einer Evaluation des Entwicklungsstandes innerhalb der verschiedenen Themenfelder. Die Konzentration auf drei bis maximal fünf Faktoren sorgt dafür, dass das durch die Krise ohnehin strapazierte System nicht überlastet wird.

Resilienz nur im Doppelpack erhältlich

Organisationen sind nur so stark wie ihre Mitglieder. Umgekehrt können selbst resiliente Personen nur in einem resilienzfördernden Umfeld voll wirksam werden.

Individuelle Resilienz

Die Stärkung der Resilienz der Führungskräfte und Mitarbeitenden ist einerseits Teil der persönlichen Selbstverantwortung und -fürsorge. Im organisationalen Kontext ist sie jedoch auch ganz klar Führungsaufgabe. Resilienz entwickeln können Menschen nur dann, wenn sie ein entsprechendes Umfeld und Unterstützung erhalten. Damit ist nicht gemeint, dass Führungskräfte ihre Mitarbeitenden in Watte packen sollen. Ganz im Gegenteil. Denn Resilienz in den unterschiedlichen Ausprägungen ihrer Faktoren können wir nur durch Erfahrungen ausbilden. Und diese machen wir nur dann, wenn wir auch Gelegenheiten vorfinden, in denen wir unsere Resilienz erproben können. Selten zuvor in unserer Epoche hatten Führungskräfte und Beschäftigte in Europa kollektiv so große Chancen, ihre innere Stärke auszupacken.

Auch bei der individuellen Resilienz können verschiedene Faktoren zur Ausbildung beitragen:

Welche der Faktoren stark und welche weniger stark ausgeprägt sind, ist hoch individuell, abhängig von persönlicher Disposition, bereits gemachten Erfahrungen und Umfeldbedingungen. Deshalb ist jeder Resilienzentwicklungsprozess ganz verschieden. Führungskräfte, Trainer und Coaches haben die Aufgabe, einen möglichst sicheren Rahmen für Reflexion und Selbsterprobung zu schaffen. Gleichzeitig sind sie gefordert, mit der eigenen Unsicherheit in authentischer Weise transparent umzugehen. Manchmal ein echter Spagat. Umso wichtiger ist es, dass sich Führungskräfte auch selbst mit ihren inneren Stärken auseinandersetzen.

Am besten gelingt die Stärkung von Resilienz in der Krise, wenn ein soziales Netzwerk der Unterstützung in der oder auch über die Organisation hinaus geschaffen wird. So können sich die Beteiligten gegenseitig stärken und stützen. Führungskräfte sind gefordert, trotz turbulenter Zeiten bewusst Auszeiten der Reflexion in den Alltag einzubauen, für sich selbst und ihr Team, um das Erlebte produktiv zu verarbeiten, Erkenntnisse zu formulieren und konkrete Regeln und Maßnahmen abzuleiten. Außerdem ist Transparenz innerhalb der Organisation enorm wichtig, um das Thema wachzuhalten und nachhaltig in der eigenen Unternehmenskultur zu verankern, so dass eine tragfähige Resilienzbasis entsteht. So kann aus der Krise heraus neue Kraft erwachsen.

 

* ISO 22316:2017 Security and resilience – Organizational resilience – Principles and attributes. Berlin: Beuth 2017.

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